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Reise-Blog: Telemarkkanal und die Hardangervidda

27.08.2014
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Skandinavien-Tour Sommer 2014


Der Reise-Journalist Reinhard Pantke berichtet von seiner aktuellen Tour mit dem Fahrrad durch das Baltikum, Schweden und Norwegen bis nach Nordfinnland. Begleiten Sie ihn virtuell auf seiner Reise bis zum Nordkap und erfahren Sie interessante Details über Land und Leute!

Nachdem ich Göteborg erreicht hatte, ging es die schwedische Westküste bis nach Strömstad hinauf und per Fähre über den Oslofjord. Dort wartet in Norwegen die Region Telemark, die bekanntermassen die Heimat des Skisports ist. Mit dem Telemarkkanal verfügt sie über einen Wasserweg, an dem entlang ich tief hinein in das Innere Südnorwegens radeln werde.

Der Telemarkkanal

Die beschauliche Kleinstadt Skien ist nicht nur Geburtsort des bekannten norwegischen Schriftstellers Henrik Ibsen, sondern auch mein Ausgangspunkt für die Radtour entlang des Kanals. Der Telemarkkanal ist wie auch der Götakanal kein schnurgerader Kanal, wie wir ihn uns wahrscheinlich automatisch vorstellen, sondern eine Verbindung zwischen mehreren Seen und Flüssen.

An dem über 100 km langen Kanal wurde vor etwa 120 Jahren fünf Jahre lang gebaut. Über 18 Schleusen waren nötig, um den Höhenunterschied von mehr als 100 Metern zum kleinen Dorf Dalen zu überwinden. Noch heute sind viele der Schleusen und Verkleidungen original aus Holz erhalten. Ein unglaublicher Kraftakt für die Arbeiter, wenn man die vielen felsigen Ufer betrachtet! Einst reisten dort Menschen und Güter und insbesondere Holz weit ins damals noch fast strassenfreie, wilde Innere der Telemark. Die Flösserei wurde im nördlichen Teil des Kanals erst vor gut 30 Jahren eingestellt.

Ähnlich wie in Schweden wird auch der Telemarkkanal nur noch von Mai bis September von Freizeitbooten und betagten Passagierschiffen wie z.B. der über 130 Jahre alten «MS Victoria» und der «MS Henrik Ibsen» befahren, welche die Strecke von Skien nach Dalen in elf Stunden langsam abtuckern. Wer eine Radtour plant, kann natürlich seinen fahrbaren Untersatz auf dem Boot mitnehmen und so den Weg vom Wasser aus entspannt erleben.

Unterwegs am Kanal

Ich bin natürlich per Rad unterwegs und fahre parallel zum Kanal auf schmalen, fast verkehrsfreien Strassen und Forstwegen weiter Richtung Dalen. Die Landschaft könnte kaum abwechslungsreicher sein, die Natur präsentiert sich in üppigen Frühlingsfarben, hier blüht oft noch der Raps leuchtend gelb. Anders als am Götakanal, treffe ich oft stundenlang niemanden und die vielen Steigungen bringen mir die Gewissheit, dass das Radeln in Norwegen bedeutend anstrengender als in Schweden werden wird. Das Wetter ist unbeständig, einige gewaltige Gewittergüsse ergiessen sich mit sintflutartigen Regenfällen über mir.

Mal seenartig breit, mal schmal und von hohen Bergen eingerahmt, vor meinen Pneus breitet sich in den Regenpausen eine sonnige Bilderbuchlandschaft aus, die Ruhe und Harmonie ausstrahlt. Die wenigen Häuser spiegeln sich glasklar und perfekt im stillen Wasser des Kanals und irgendwo erinnert eine laut schreiende Möwe daran, dass das Meer doch nicht weit entfernt ist. In Kviteseid, der vorletzten Station, steige ich für die letzten Kilometer des Kanals dann doch auf eines der Kanalschiffe um und bin froh, dass mein rotes Ross nicht wie die anderen Räder mit dem Kran aufs Oberdeck gehievt wird, sondern ich es abpacke und im Unterdeck verstauen kann.

Die Hochebene Hardangervidda

Von Dalen, dem Endpunkt des Telemarkkanals, führen alle Strassen bergauf. Der Ort liegt in einem Talkessel. Ich strampel langsam immer höher hinauf, um nach einigen Kilometern auf die Hauptstrasse zu gelangen, die als Europastrasse weiter in Richtung der alten Hansestadt Bergen führt. Zwei Pässe bringen mich auf über 1.100 Meter, ein erster Vorgeschmack auf die riesigen Höhendifferenzen, da es zwischen den Pässen immer wieder weit heruntergeht. Als Radfahrer muss ich immer noch ein paar Meter weiter nach oben klettern, da ich über die alten Passstrassen steige, die über den Berg führen und nicht durch die kilometerlangen Tunnel fahren kann und will, die Norwegen nur „unterirdisch“ zeigen.

Links und rechts der Strasse liegt jetzt im Juni noch jede Menge Schnee! Der Verkehr der Europastrasse ist trotzdem relativ gering und so radele ich langsam durch die immer karger werdende Landschaft hinauf zu den südlichsten Ausläufern des Hardangervidda Nationalparks, einem kargen und fast 8.000 qkm großen Wildnisgebiet. Irgendwann habe ich es fürs Erste geschafft und rolle in Richtung Hardangerfjord bergab - Bergen ist nur noch drei Tagesetappen entfernt. Wie es dort weitergeht, lesen Sie in der nächsten Folge.

Text und Fotos © Reinhard Pantke