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Reise-Blog: Mit der Inlandsbahn in den Norden Schwedens

20.04.2011
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Skandinavien-Tour Infos 2011


Der Skandinavien-Experte und Reise-Journalist Reinhard Pantke berichtet auch in diesem Sommer wieder von seinen Touren durch Schweden und Norwegen. Begleiten Sie ihn virtuell durch den hohen Norden und holen Sie sich Anregungen für eigene Reisen!

Irgendwo auf freier Strecke hält der Zug scheinbar grundlos und aus einem im Wald versteckten, roten Holz-Häuschen schlendert eine Frau mit einem großen Korb Kartoffeln heran. Die Zugbegleiterin - Marie - umarmt sie und erklärt uns gleich danach: „Das ist nur meine Mutter, immer wenn ich Dienst habe und vorbei komme, bringt sie mir einige der besten Kartoffeln Schwedens!“ In Deutschland wäre diese Szene wohl undenkbar, aber wir sind hier in der Wildnis Nordschwedens. Unsere Zugbegleiterin ist noch für viel mehr zuständig: Sie versorgt uns lebendig und mehrsprachig mit wissenswerten Details, Kaffee, guter Laune und singt auch schon mal mit einigen stimmgewaltigen Mitreisenden die lokalen Hymnen.

Die Hintergrundmelodie der Fahrt ist nur das meditativ-monotone Rattern und Klackern des Zugs, das gelegentlich unterbrochen wird durch lautes Hupen, mit dem der Lokführer die Rentiere verscheucht, die wenig scheu an oder direkt auf der Bahntrasse stehen. Manchmal steigt der Lokführer noch persönlich aus, um Weichen oder Signale an der Strecke umzustellen oder Pakete einzusammeln und auszuliefern. Ich komme mit ihm ins Gespräch, er erzählt mir, dass er eigentlich im Süden Schwedens Frachtzüge fahren würde und seinen Sommerurlaub nutzt, um für einige Tage den abgelegenen Norden Schwedens zu erleben. Für einige Kilometer darf ich neben ihm im „Logenplatz“ Platz nehmen und die einzigartige Landschaft aus einer ungewohnten Warte genießen.

Eisenbahnfahren als Ereignis

Nachdem man den Passagiertransport auf der Strecke der Inlandbahn in den 90er Jahren offiziell eingestellt hatte, waren die Proteste der Schweden so groß, dass man sich dazu entschloss zwischen Anfang Juni und Ende August einen regelmäßigen Liniendienst mit maximal zwei täglichen Verbindungen zwischen Mora und Gälliväre durchzuführen. Ich verstehe diese lange Bahnfahrt nicht als Möglichkeit, schnell ans Ziel zu gelangen. Die Bahnfahrt ins das Reich der Mitternachtssonne ist ein „Transportereignis“, das Reisenden Einblicke in die vielfältigen Landschaften bietet, die zwischen Mittelschweden und Lappland liegen. Allein für das 900 km lange Teilstück des 2. Tages zwischen Östersund und Mora braucht der Zug 16 Stunden. An mir ziehen riesige Wälder, unzählige in der Sonne glitzernde Seen, dunkle Moore und kleine verschlafene Orte vorbei.

Immer wieder stoppt der Zug, unsere charmante Marie führt uns zu kleinen Cafes, Museen oder zu einer (unbewohnten) Bärenhöhle entlang der Strecke. In den Cafes und Museen wird sie freudig begrüßt wie eine alte Bekannte, die meisten Museen werden in Eigenarbeit betrieben von ehrenamtlichen Mitarbeitern. Grinsend fügt sie nach der Besichtigung der urigen Bären-Höhle hinzu: „Bitte nicht zurückbleiben, der nächste Zug hält erst in 24 Stunden, die nächste Straße ist 50 km entfernt und vielleicht kommt der Bär ja zurück“.

So vielfältig wie die Landschaften sind auch die Mitfahrer: Wildnis-Wanderer mit riesigen Rucksäcken berichten begeistert von Ihren Plänen, den berühmten „Kungsleden“ Wanderweg zu erforschen, alte Leute zieht ihre Sehnsucht im Sommer zurück zu ihren in der Abgeschiedenheit gelegenen Sommerhäusern und „Büromenschen“ mit Aktenkoffern fahren ein paar Stationen mit. Immer wieder komme ich mit den Mitreisenden ins Gespräch. Selbst Fahrräder, Hunde und ein kleines Kanu werden sicher im kleinem Zug verstaut.

Wenn die Sonne lacht und man dem Fahrplan nicht hinterherfährt, lässt uns die Marie an einer Stelle sogar aussteigen und langsam vor dem Zug über eine Brücke laufen, damit wir uns die Beine vertreten können und das spektakuläre Wildwasser eines Flusses in Lappland bewundern können! Alles ist etwas entspannter im hohen Norden und so eröffnen sich stets neue Horizonte für alle Freunde des langsamen Reisens. Marie hat am Ende der Reise in der Eisenerzstadt Galliväre erst einmal drei Tage Pause, genug Zeit, um Kartoffeln zu kochen... Aber Zeit hat man hier anscheinend mehr als anderswo! Die meisten erforschen von hier aus den nördlichsten Teil Schwedens oder fahren per Bahn nach Norwegen hinüber. Aber das ist eine andere Geschichte.

Tipps für eigene Reisen

Die insgesamt fast 1.300 km lange „Inlandsbanan“ führt von Kristineham nach Gälliväre, wo sie mit der Eisenbahnerz und somit Norwegen verbunden ist. Einige Abschnitte werden Heute nur noch für den Güterverkehr genutzt. Zwischen Anfang Juni und Ende August verkehren die Personenzüge zwischen Mora - Östersund (1. Tag) und Östersund - Gälliväre (Tag 2). Im Winter fahren die Züge zum Samen-Markt in Jokkmokk. Die Richtung ist beliebig zu wählen. es gibt Pässe zu kaufen, die das Befahren über längere Zeiträume ermöglichen. Weitere Infos, Preise und Zeiten unter den unten genannten Links.

Text und Fotos © Reinhard Pantke