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Reiseblog: Gotland-Abstecher mit kleinen Pannen

25.08.2010
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Skandinavien-Tour Sommer 2010


Der Skandinavien-Experte und Reise-Journalist Reinhard Pantke berichtet von seiner aktuellen Tour mit dem Fahrrad durch Schweden und Norwegen. Begleiten Sie ihn virtuell auf seiner Reise und erfahren Sie interessante Details über Land und Leute!

Auf dem Weg in Richtung Stockholm will ich noch einen Abstecher auf die Insel Gotland machen. Die zweitgrößte Ostsee-Insel ist ca. 140 km lang und maximal 60 km breit und sicher eine der beliebtesten Inseln Skandinaviens: Obwohl von mehreren Häfen große Fähren mit einem Fassungsvermögen von bis zu 1.500 Passagieren verkehren, muss ich bis zur Nachtfähre warten, um für mich und mein „Stahlross“ ein Plätzchen auf dem Boot zu ergattern. Die Fähre kommt erst morgens um 3 Uhr an, trotzdem ist noch Leben in der Stadt: Nachtschwärmer genießen bei Wein und Bier an der Uferpromenade die milde Nacht und erwarten das Ende der kurzen Dunkelheit… Denn selbst auf diesem Breitengrad ist es im Juni nur für wenige Stunden wirklich dunkel. Morgens um 4 Uhr baue ich ziemlich geschafft mein Zelt auf, nur um nach ein paar Stunden zu erfahren, dass ich möglichst bald wieder abbauen muss, da der kleine Campingplatz schon jetzt für die nächsten Tage komplett ausgebucht ist. Die Hochsaison hat begonnen!

Perfekte Mittelalter-Kulisse in Visby

Visby - die Hauptstadt der Insel - steht auf der World Heritage List der Unesco und somit auf einer Stufe mit den Pyramiden oder der Chinesischen Mauer. Die direkt an der Ostsee gelegene Stadt wird noch heute eingerahmt von den mächtigen mittelalterlichen Stadtmauern und deren Toren und wuchtigen Türmen. Vor den Mauern werden in perfekter historischer Kulisse im Spät-Sommer atemberaubende Ritterspiele abgehalten! Die Stadtbefestigung zeugt auch von der wichtigen Rolle der Stadt als mittelalterliches Handelszentrum und den stetig wechselnden Machthabern, die sich Ihre Positionen in blutigen Auseinandersetzungen erkämpften.

Die im Sommer komplett autofreie Innenstadt verzaubert mich mit schmalen, labyrinthartigen Kopfsteinpflastergassen und behaglichen, blumenumrankten „Hexenhäusern“. Immer wieder führen schmale Gassen zu wunderbaren, alten Plätzen und zu sechs mittelalterlichen Kirchen, von denen einige nur noch als Skelette himmelwärts ragen. Das Meiste in dieser Stadt wurde nie verändert und blieb über die Jahrhunderte unverändert. Ich fühle mich wie in einer Zeit- und Ortsreise in südliche Gefilde: Das in der warmen Sommersonne glitzernde Meer und die vielen Restaurants und Cafes entlang der Straßen lassen Erinnerungen an meinen letzten Mittelmeertripp aufkommen! Visby hat auch die höchste Dichte von Restaurants und Cafes in Skandinavien!

Die Kulturinsel

Die Insel ist eine einzigartige Kulturlandschaft: Es gibt allein über 90 „Dorf-Kirchen“, die teils bis ins 12. Jahrhundert zurückgehen und übersät sind mit prächtigen Schnitzereien und Fresken und der einzigen Darstellung einer „Jesusfigur“ mit Brille! Manche kulturgeschichtliche Spuren reichen jedoch viel weiter in die Wikingerzeit zurück. Alles das ist eingebettet in dichte Wälder und abwechslungsreiche Küstenabschnitte, deren Highlights wohl die seltsamen Felsformationen im Norden und die wilden Steilküstenabschnitte im Westen sind. Immer wieder kann man auch kurze Abstecher zu vorgelagerten Inseln machen. Auch Gelegenheitsradler ohne überragende Kondition können sich diese vielfältigen Landschaften auf stillen Nebenstraßen ohne große Steigungen und viel Verkehr erkunden.

Kleine Ursache - große Wirkung

Doch mein Abstecher fällt letztendlich leider weitaus kürzer als geplant aus! An meiner Tretkurbel lockert sich die Schraube, welche die Kurbel hält. Obwohl ich sie so stark festziehe, wie es eben geht, lockert sie sich nach wenigen Kilometern wieder und ich laufe Gefahr das Gewinde vollständig zu ruinieren. Anfangs denke ich noch, dass ich vielleicht das falsche Werkzeug dabei habe, doch auch das Ausleihen eines entsprechenden Geräts beim Fahrradverleiher bringt keinen wirklichen Fortschritt. Ein Radhändler sagt mir schließlich, dass der Zustand der Schraube der Grund sei. Dabei fällt mir auch wieder ein, dass die Schraube auch nur ein Provisorium war, das mir im letzten Jahr ein Fahrradhändler in den unendlichen Weiten der Prärielandschaften Kanadas gegeben hatte, nachdem ich etliche Kilometer nur gerollt war. Irgendwann habe ich das Auswechseln dann vergessen und das Provisorium hat schließlich auch schlappe 4.000 Kilometer ganz gut gehalten... Ansonsten hält mein treues Zweirad übrigens prächtig durch: Keine einzige Panne! Nur der Vorderreifen wird nach ca. 10.000 km vorsichtshalber ausgewechselt. Kein schlechtes Ergebnis für ein Fahrrad, das mehr als 50.000 Kilometer auf den Pneus hat!

Leider hat keiner der Verleiher ein passende Schraube und ich werde wohl nur in Stockholm fündig werden. Schweren Herzens kürze ich meinen Abstecher nach Gotland um einige Tage und setze wieder zum Festland über. Ich plane jedoch am Ende der Reise noch einen Abstecher nach Gotland.
Es scheint meine „Glückssträhne“ zu sein, denn als ich wieder auf dem Festland ankomme, erfahre ich, dass die Bahn wegen zahlreicher Baustellen ausfällt. So „zuckele“ ich langsam in Richtung Stockholm, um spätestens alle 2 km die verflixte Schraube wieder anzuziehen! Nach geschätzten 15 Stopps nähere ich mich den Ausläufern von Stockholm und finde endlich den ersten, richtigen Fahrradladen, der eine entsprechende Schraube im Sortiment hat… Glücklich und zufrieden radele ich nach Stockholm hinein, um mir die Stadt in den nächsten Tagen anzuschauen. Die nächsten Tage wird mein Fahrrad etwas geschont, da „Sightseeing“ in den Städten Stockholm, Helsinki und in Estland angesagt ist. Mehr davon in einem der nächsten Webblogs …

Infos zu Gotland

Die Insel

Gotland hat ein sehr mildes Klima, daher kann man hier auch im Mai und im September noch angenehme Temperaturen erwarten. Die Insel ist eine der Top-Destinationen Skandinaviens, deshalb empfiehlt es sich, in der Ferienzeit von Mitte Juni bis Mitte August unbedingt vorab zu reservieren! Das gilt sogar für Campingplätze und besonders für Hotels! Wer die Insel vollständig umradeln will, sollte schon ein Woche Zeit mitbringen.
Viele nützliche Infos und Buchungsmöglichkeiten finden Sie auch im Internet unter den nachfolgend genannten Links.

Anreise

Die Überfahrten nach Gotland sind von Nymäshamm und von Oskarshamm mehrmals täglich möglich. Im Hochsommer gibt es eine weitere Fährverbindung von der Insel Öland. Frühzeitiges Buchen garantiert günstigere Preise, weitere Infos und Buchungen im Internet (s.u.).

Im Sommer gibt es Direktflüge von Deutschland aus. Man kann die Insel aber auch über Stockholm erreichen, der internationale Flughafen Stockholm-Arlanda ist nur gut 100 km vom Fährort Nynäshamm entfernt. Flüge von Hamburg direkt nach Visby (teils ab unter 100 Euro oneway).

„Ryanair“ fliegt z.B. nach Nyköping (im Fahrplan steht Stockholm), ca. 100 km vom Fährhafen Nynäshamm entfernt.

Text und Fotos © Reinhard Pantke