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Ein Volvo Amazon Kombi als Servicemobil

26.09.2016

Alter Schwede neu gemacht

Der Dachträger erinnerte noch an sein früheres Leben, sonst hatte eine neue Lackierung die Zeichen der Vergangenheit weggewischt. 1988 diente dieser Volvo Amazon Kombi als Servicewagen des „Ravenol Junior Teams“ – drei Jahrzehnte später wird der alte Schwede seiner früheren Bestimmung zurückgeführt.

Für Thomas Fölling ist es ein großer Coup. 1988 nimmt der Westfale unter dem Banner des „Ravenol Junior Teams“ an der ADAC Rallye Trophy teil. Die Wahl des Einsatzautos erledigt sich praktisch von selbst, gehört der Familie doch ein Mitsubishi-Autohaus in Rheda-Wiedenbrück. Da kommt nur ein Galant in seriennaher Gruppe-N-Ausführung in Frage. Die Wahl seines Servicewagens fällt dagegen eher außergewöhnlich aus. Ein 1969er Volvo Amazon Kombi muss Reifen, Ersatzteile und Werkzeuge von Rallye zu Rallye schleppen.

Nach harten Jahren als Lastenesel zerlegt Fölling den Volvo und lässt ihn neu lackieren, doch dann verschwindet er in einer dunklen Garage und fällt in einen Dornröschenschlaf. Jahre später holen gleich mehrere Zufälle die Amazone zurück ins Leben. Fölling arbeitet mittlerweile in der Nachbarschaft für „Knöbel Motorsport Services“, die wiederum mit der Schmierstoff-Marke Ravenol eng verbunden sind. Die Logos der Marke zieren seit Jahren die Autos des im Rallyesport wohl bekannten Knöbel-Clans – wie den Volvo 242, den Holger Knöbel in Sulingen noch aufs Dach legte. Mit dem Amazon haben die Knöbels auch einen passenden „Ravenol Renndienst“.

„Wir wollten dem Amazon von Anfang an seinen ursprünglichen Arbeitsgedanken zurückgeben“, erklärt Jan Knöbel. So kam es auch. Technisch hat sich an dem alten Schweden kaum etwas verändert. Unter der Haube arbeiten nach wie vor ein knapp 90 PS starker B20-Motor und ein 4-Gang-Schaltgetriebe. Für gute Kurvenlagen sorgt früher wie heute ein Bilstein-Fahrwerk. „Das fährt sich wirklich gut“, attestiert Knöbel. Das vielleicht wertvollste Bauteil ist jedoch das Lenkrad aus der sportlichsten Amazon-Version, dem 123 GT. Das Volant wird im guten Zustand für 1000 Euro gehandelt und schon der Hupendeckel kostet 140 Euro.

Im Kofferraum, der sich beim Amazon durch eine zweiteilige Heckklappe erreichen lässt, versprüht ein Regal aus den 1980ern die Patina früherer Zeiten. Hier fanden schon 1988 Benzinkanister und Zewa-Rolle Unterschupf. Der Plan, dem Kombi auch den originalen Ravenol-Look wiederzugeben, gestaltete sich allerdings gar nicht so einfach. „Ob der Amazon genau so existiert hat, wissen wir nicht. Es gibt keine Fotos von dem Wagen, die Leute haben ja immer nur die Rallyeautos fotografiert“, so Knöbel. Also bauten die Knöbels das Lastentier nach bestem Wissen und Gewissen auf und ließen dafür sogar die zeitgenössischen Logos anfertigen.

Nach fast 30-jähriges Abstinenz bevölkert der komplett restaurierte „Ravenol Renndienst“ jetzt wieder die Serviceplätze dieser Welt. Gut möglich also, dass der Amazon Kombi bei einem der nächsten Läufe zum ADAC Opel Rallye Cup oder zur historischen Europameisterschaft zu sehen sein wird, wo Knöbel Motorsport Services für einen finnischen Kunden einen Porsche 911 RSR einsetzt. Oder er begleitet einen Gruppe-B-Quattro, der gerade im Hause Knöbel in Rheda-Wiedenbrück entsteht, zu einem seiner Einsätze.

Die Historie ist jedoch nicht das einzige, was den Ravenol Renndienst besonders macht. Das Auto ist das fünfundzwanzigletzte von insgesamt 73.200 je gebauten Volvo Amazon Kombis. In diesem Kontext betrachtet ist der alte Schwede also doch noch ein junger Hüpfer.

Text: Sebastian Klein