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Reise-Blog: Durch Wallanders Heimat nach Bornholm

15.06.2010
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Skandinavien-Tour Sommer 2010


Der Skandinavien-Experte und Reise-Journalist Reinhard Pantke berichtet von seiner aktuellen Tour mit dem Fahrrad durch Schweden und Norwegen. Begleiten Sie ihn virtuell auf seiner Reise und erfahren Sie interessante Details über Land und Leute!

Endlich geht es los ...

Aller Anfang ist nicht schwer, aber früh! Seit Tagen stehen die Taschen vollgepackt in meiner kleinen Wohnung und mein „Drahtesel“ scheint ebenso wie ich darauf zu warten, dass es endlich losgeht. Obwohl mein Zug in Richtung Rügen zu unchristlicher Zeit kurz nach 4 Uhr Morgens startet, brauche ich keinen Wecker als es losgeht. Per Zug fahre ich nach Binz auf Rügen und vom nahe gelegenen Sassnitz hinüber nach Trelleborg.

Frühling in Schweden

In Schweden ist der Frühling noch in voller Pracht zu bewundern: Überall stehen Obstbäume noch in voller Blüte und strahlen mit Rapsfeldern um die Wette. Während auf Rügen die Cafes gut gefüllt waren und schon einige Radwanderer unterwegs waren, scheint man im Süden von Schweden nur sehr langsam aus dem Winterschlaf zu erwachen: Viele Gasthäuser und Restaurants sind nur an den Wochenenden geöffnet und auf den Campingplätzen auf denen man im Juli dicht gedrängt steht, verlieren sich nur ein paar Zelte und Wohnmobile. Auf ruhigen Fahrradwegen radle ich durch die abwechslungsreiche Landschaft immer weiter am Meer entlang. Der südlichste Punkt Schwedens „Smygehuk“ wird erreicht; der Wind meint es jetzt am Anfang gut mit mir und treibt mich weiter Richtung Ystad.

Auf den Spuren des Kommissars

Das 25.000 Einwohner zählende Städtchen Ystad wirkt eher verschlafen. Die putzige Innenstadt mit ihren schmalen Gassen und alten Häusern lädt zum Bummel ein und ich lege eine Pause in einem der Lieblingscafes von Kommisar Wallander ein. Tatsächlich glaube ich einige der Ecken wieder zu erkennen, an denen einige der beliebten Kriminalromane verfilmt worden waren. Der schwedische Bestseller-Autor Henning Mankell lässt seinen etwas unglücklichen Kommisar in Ystad und Umgebung die blutrünstigsten Fälle lösen. Mehr als ein Dutzend Filme sind gemacht worden und in der Touristeninformation bekommt man kurze Wegbeschreibungen zu den Drehorten und Schauplätzen. Auf jeden Fall gehört schon viel Fantasie dazu, einem so verschlafenem Nest so viele verbrecherische Energie anzudichten.

Abstecher nach Bornholm

Die Kleinstadt ist aber auch täglicher Abfahrthafen nach Polen und zur dänischen Insel Bornholm. Mit einem Riesen-Katamaran der bis zu 1.000 Passagiere und 200 PKWs fasst, rasen wir in grade mal 75 Minuten hinüber zu der dänischen Insel, die man ja beim ersten Blick auf die Karte intiutiv eher zu Schweden zählen würde. So war die Insel naturgemäß auch ständiger „Zankapfel“ verschiedener Nationen und stand immer wieder unter wechselnder Herrschaft. Die Bevölkerung des gut 500 Quadratkilometer grossen Eilands war jedoch zumeist stets „prodänisch“ eingestellt. Die Insel ist landschaftlich sehr vielfältig und touristisch behutsam entwickelt worden. Trotz der recht hohen Besucherzahlen ist man nirgends dem Bauwahnsinn südeuropäischer Prägung verfallen und hat keine Bettenburgen-Landschaften oder ewig gleich aussehende Strandmeilen produziert. Selbst die relativ zahlreichen Ferienhaussiedlungen im Süden verstecken sich dezent in der Landschaft. Die Insel ist ein Paradies für Radfahrer und Wanderer: Auch wenn es hier und da so einige kürzere Steigungen gibt, macht das Radfahren hier einfach Spass! Ich umrunde die Insel zumeist abseits der Straßen auf teils sogar geteerten und prima ausgeschilderten Fahrradwegen. Nach meiner letzten Kanadatour muss ich grinsen wenn ich Wegweiser sehe, die Distanzen auf 100 Meter genau bestimmen. In Kanada hatte man mir den Weg noch nach „Weg-Minuten“ (per PKW) beschrieben, da gab es schon mal einige Kilometer „Interpretationsspielraum“. Entlang der Nordküste radle ich durch ausgedehnte Misch-Wälder und verträumte Fischerdörfern. Die Sonne zaubert wunderschöne Blau und Gelbtöne in die ruhige Landschaft. Vorbei an der Ruine der Burg Hammerhus radle ich in die beschaulichen Fischerdörfer Allinge und Gudjem. Aber auch Strandliebhaber kommen an dem kilometerlangen Sandstränden im Süden, die abwechslungsreichen Küstenabschnitte sind aber auch ein Paradies für Segler, Angler und Familien mit Kindern.

Die Erbseninseln

Ein Tripp in die Vergangenheit und ein Highlight meines kurzen Abstechers ist die Bootstour hinüber zu den absolut autofreien „Erbseninseln“. Auf den beiden winzigen Inseln leben heute in den 300 Jahre alten Kasernen noch ca. 100 Menschen. Neubauten sind ebenso wie Autos nicht erlaubt, die farbigen Häuser waren einst Unterkünfte der dort stationierten Garnisionssoldaten, die dort aufgrund der strategischen Nähe und Position zu Dänemark stationiert waren. Die Häuser sehen zwar von Aussen alt aus, sind aber Innen auf dem neuesten Stand und werden vom dänischen Verteidigungsministerium an freiwillige „Einsiedler“ vermietet. Die Einwohner zahlen daher auch keinerlei kommunale Steuern. Auch alte Wachtürme, Leuchttürme und das Gefängnis der Insel können erkundet werden und sind teils im Sommer temporäre Heimat von Künstlern, die die Magie der frischen Farben und des Lichtes einfangen. Zweimal am Tag wird die Ruhe der Einwohner für wenige Stunden unterbrochen durch die Ausflugsboote, die Touristen aus Gudjem und Allinge auf die Inseln bringen. Im Sommer mag das Leben schön sein, aber ich kann mir kaum vorstellen, was man hier im Winter macht, wenn die Stürme toben und der Weg zur Hauptinsel für ein paar Tage abgeschnitten ist. Ich strolle über die Insel und bin begeistert von den kleinen Stein-Gärten, die hier teils schon vor Jahrhunderten durch die Soldaten angelegt worden waren, um die damals mangelhafte Ernährung auszugleichen. Lange Zeit war die Insel auch Gefängnis für politische Häftlinge.

Am nächsten und letzten Tag meines Bornholm-Abstechers schüttet es wie aus Eimern und ich bekomme leider nur wenig von den Stränden im Süden der Insel mit. Ziemlich durchnässt komme ich nach einer 80 km langen Regen-Fahrt wieder im Fährhafen der Insel an. Mit der Fähre geht es wieder zurück nach Ystad und wie es von dort aus weitergeht das können Sie im nächsten Bericht wieder hier lesen ...

Infos und Anregungen zu Südschweden

Anreise:
Mit dem Auto kann man über die Öresundbrücke und Dänemark anreisen. Nicht unbedingt teurer sind die Fährfahrten von Rostock, Sassnitz oder Lübeck-Travemünde nach Trelleborg.
Scandlines fährt ab Mai auch von Sassnitz direkt zur dänischen Insel Bornholm.
Es gibt von Hamburg direkte Bahn-ICE Verbindungen nach Kophenhagen, von dort gelangt man mit Zug z.B. schnell nach Malmö, Trelleborg oder zu anderen Orten in Südschweden und entlang der Westküste.

Beste Reisezeit: Mai bis Ende Juni, im Juli und in der ersten Augusthälfte kann es für skandinavische Verhältnisse voll werden und die Preise sind etwas höher und schwieriger zu bekommen! Insbesondere die Campingplätze sind im Juli sehr voll!

Tipp: Unbedingt einen Krimi von Henning Mankell mitnehmen, z.B „Der Mann, der lächelte“!

Text und Fotos © Reinhard Pantke