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Bremsleitungen bördeln

Universal

27.06.2023

Grundsätzliches zum Selberbördeln und Einbauen von Bremsleitungen


Wer seine Bremsleitungen selber bördeln und biegen möchte, sieht sich oft einer Vielzahl von Angeboten und Tips ausgesetzt, die auch leicht verwirrend sein können.
Wir wollen hier mal ein wenig Grundsätzliches dazu schreiben.
Zuallererst natürlich wieder ein Sicherheitshinweis: Bremsen sind sicherheitsrelevante Teile. Unfachgerechte Arbeiten können zu schweren Unfällen führen. Im Zweifelsfalle immer einen Fachmann aufsuchen!
Bremsleitungen gibt es grundsätzlich aus zwei Materialien, Stahl und Cunifer, einer rostfreien Kupfer-Nickel-Eisen-Legierung. Alle als Bremsrohre zugelassenen Leitungen müssen alle paar Zentimeter gestempelt sein, unter anderem mit Angabe der Legierung. Die Stahlleitungen sind heute eigentlich immer mit einer Kunststoffummantelung versehen, die bei Verletzungen ausgebessert werden muss, da sie sonst recht schnell korrodiert. Früher wurden häufig gelbverzinkte Stahlleitungen verwendet, die waren um Einiges korrosionsbeständiger.
Generell ist Stahlleitung auch schwerer zu verabeiten als Cunifer. Schneiden, Bördeln, Biegen, bei Cunifer geht alles einfacher. Cunifer ist im Übrigen sehr korrosionsbeständig. Da man aber immer wieder von Problemen bei der HU hört oder liest, können wir nur raten, dieses im Vorfeld mit der betreffenden Prüfstelle zu klären.
Auf gar keinen Fall zugelassen sind Kupferleitungen, wie sie zum Teil auf einschlägigen Internetplattformen als Bremsleitung angeboten werden. Diese sind weder druckfest genug noch haben sie die entsprechenden Prüfaufdrucke.

Das Bremsrohr muss natürlich den passenden Durchmesser haben, heute ist das beim PKW eigentlich immer 4,75mm oder 3/16 Zoll.


Sauberkeit ist beim Bremsleitungsbau natürlich oberstes Gebot. Dreck, der sich in den Anschlüssen oder auf den Bördeln befindet, führt zu beschädigten Bördeln oder Undichtigkeiten und hat natürlich in der Hydraulik nichts zu suchen, weil er Laufbahnen und Dichtungen beschädigen könnte.

Die Rohrschnitte für Bremsleitungen müssen immer genau senkrecht sein, mit einem kleinen Rohrschneider (Bild) ist das ein Kinderspiel.
Ansetzen, drehen, weiter zudrehen, drehen...
Bis die Leitung von allein auseinanderfällt. Mit der Bügelsäge sollte man das nicht machen, es wird definitiv zu ungenau. Wenn der Schnitt nicht senkrecht ist, dann ergibt das hinterher schiefe, undichte Bördelungen
Danach muss die Leitung unbedingt entgratet werden. Wer sich das sparen will, bekommt garantiert undichte Bördel und beschädigt eventuell sogar das Druckstück des Bördelgerätes.
Hierfür ist ein kleiner Rohrentgrater (nächstes Bild) hervorragend geeignet. Eine Seite des Entgraters ist für die Innenseite des Rohres, eine für die Aussenseite.


Nun sollte man wissen, was am eigenen Fahrzeug für Bördelformen verwendet werden müssen. Die heute gängigste ist DIN-F, es können bei älteren Fahrzeugen aber auch SAE-F oder bei amerikanischen oder japanischen Fahrzeugen E-Bördel verwendet worden sein. Das ist unbedingt genau zu prüfen und dementsprechend muss man sich natürlich auch die Nippel (oder Fittinge) besorgen und verwenden. Es gibt verschiedene Gewinde, bei europäischen Autos meist M10x1. Seltener ist mal M12 an ABS-Geräten, aber auch UNF 3/8-24 in amerikanischen Autos oder alten Volvo zum Beispiel. Die Nippel können hinten mit oder ohne Führung sein, die gängigste europäische Variante ist M10x1 mit Führung. Das Verbauen von falschen Nippeln führt zu Beschädigungen der Bördel und zu Undichtigkeiten.


Kommen wir zur Auswahl des Bördelgerätes. Zuallererst stellt sich die Frage, welches Material man verarbeiten möchte. Viele der günstigeren Geräte sind für Stahlleitungen gänzlich ungeeignet, da kann es passieren, dass man nicht einmal einen Bördel hinbekommt und der Nippel vom Druckstück ist schon abgebrochen. Derlei Geräte empfehlen wir generell gänzlich zu meiden. Dann gibt es professionelle Geräte, die hervorragende Bördel produzieren, z.B. von Hazet, Gedore oder Dako, die aber nur für Arbeiten im Schraubstock geeignet sind. Dafür sind sie vielseitig, robust und man kann auch mal eine 10mm Kraftstoffleitung bördeln, aber eben auch sehr teuer. Für Arbeiten unter dem Auto sind diese Geräte aber ungeeignet, wenn man mal nur einen Teilersatz machen will und auf eine montierte, alte Leitung noch einen Anschluss bördeln möchte.
Und dann gibt es da seit einiger Zeit hydraulische oder schraubbetätigte Werkzeuge (Bild), die teilweise nur einen oder zwei Bördelformen produzieren können, aber einen praktischen Führungsgriff haben und sich so auch unter dem Auto verwenden lassen. Diese können teilweise schon recht günstig sein (bspw. SKANDIX-Nr. 1071065 für DIN F).
Wir empfehlen, die Auswahl nach den Anwendungen zu treffen. Wenn man nur gelegentlich eine Leitung am eigenen Fahrzeug austauscht, kann ein einfaches Handgerät mit nur einer Bördelform durchaus ausreichen. Für den Werkstattalltag oder die Betreuung einer Sammlung könnte durchaus ein umfangreiches, professionelles Gerät oder sogar mehrere in Frage kommen.
Die Preisspanne ist recht groß, das geht bei rund 50 Euro los, man kann aber auch gut und gern 400 dafür ausgeben.


Kommen wir nun zum Vorgang des Bördelns. Die abgelängte und entgratete Leitung wird zuerst mit dem Nippel versehen. Das sollte man nicht vergessen, ist der Bördel erst drauf, geht der Nippel nicht mehr drüber!
Die Leitung muss unbedingt fettfrei und sauber sein, andernfalls kann sie beim Bördeln aus ihrer Führung gedrückt werden und der Bördel ist zu flach oder garnicht da. Auch Bremsflüssigkeit ist hier fehl am Platz!
Dann wird die Leitung in das Bördelgerät gesteckt. Die Leitung muss auf der Druckstückseite ein vorgesehenes Mass herausschauen, aus dem der Bördel gedrückt wird. Bei manchen Geräten hat man dafür eine Markierung oder einen hineinschraubbaren Anschlag, bei anderen muss man  messen.
Die Leitung fest einspannen und das Druckstück hineindrücken (nächstes Bild).
Hierbei sollte das Gewinde der Spindel oder des Druckstücks (sofern vorhanden, hier im Bild) immer fettig gehalten werden, ebenso der Stift des Druckstücks um Fressen und Klemmen zu verhindern.
Nach dem Einpressen des Druckstücks bis zum Anschlag dieses wieder lösen und die Leitung aus der Klemmung lösen, fertig ist der Bördel.
Falls am Bördel Fettreste vom Druckstück hängen geblieben sind, sind die vor dem Einbau der Bremsleitung sorgfältig zu entfernen.
Kleine Anmerkung noch, falls ein E-Bördel verbaut werden soll: Hierbei ist immer vorher ein SAE-F-Bördel zu erzeugen, der E-Bördel wird dann in diesen hineingedrückt.
Noch ein Hinweis zur Reihenfolge Biegen-Bördeln: Man darf die Leitung ruhig vor dem Bördeln biegen, aber nicht direkt hinter den Fittingen: Schliesslich muss der Fitting drauf und die Leitung dann noch ins Bördelgerät geklemmt werden. 8-10cm sollte man also vor der nächsten Biegung haben, sonst könnte das schwierig werden. Aufgeschobene Fittinge lassen sich auch nicht mehr um Biegungen schieben.


Zum Biegen der Bremsleitungen gibt es grundsätzlich erstmal zu sagen das der kleinste Biegeradius dem dreifachen Rohrdurchmesser entsprechen darf, was aber schon arg eng ist. Die Gefahr des Abknickens oder der Querschnittsverengung wird dann recht schnell sehr groß. Wenn man ohne Biegegeräte biegen möchte, ist ein kräftiger Daumen und ein Rohr im Schraubstock recht hilfreich, mit einem Biegegerät ist das natürlich deutlich einfacher. Und auch hier gilt: Cunifer lässt sich weitaus einfacher biegen als Stahl. Bei kunststoffummantelten Stahlleitungen kommt hinzu, das die Ummantellung bei engen Radien auch gern mal einreisst oder abplatzt, so dass hier der Korrosionsschutz nachgearbeitet werden muss.
Enge Radien direkt hinter den Fittingen zu biegen ist aber selbst bei Cunifer eher schwierig. Dort kann ein Biegegerät vieles besser und leichter. Ob sowas sein muss, muss jeder für sich selbst entscheiden, präzisere Biegungen sind natürlich mit dem Biegegerät möglich. Optisch sieht das hinterher sicher sehr viel besser aus und gibt einem schönen Oldtimer auch mal den letzten Schliff im Detail.


Zu den Verschraubungen gibt es noch zu sagen, dass die Drehmomente eingehalten werden sollten. Gewinde sind schnell ruiniert und wenn ein Bördel schlecht ist, dann wird er durch festeres Anziehen manchmal zwar dicht, das kann aber gerade beim SAE-F-Bördel auch das innere Ende des Fittings zerstören, weil es durch den höheren Druck der Verschraubung auseinanderplatzt. Was zur Folge haben kann, dass man den Fitting nicht mehr herausbekommt.
Dass bei Verbindungen zwischen Schlauch und Bremsleitung die Halteklammern (Bild) an der Karosserie erneuert werden sollten, versteht sich wohl von selbst. Die Schläuche dürfen in so einem Fall auch gern mal neu, schliesslich hat man sie ja eh in der Hand.
Die Leitungen müssen spannungsfrei in ihren Haltern liegen und dürfen nicht an der Karosserie scheuern. Schadhafte Leitungshalter sind ebenfalls auszuwechseln. Bei Verwendung von Stahlleitungen empfehlen wir, die Halter in der Rohrführung zu fetten. Das ergibt bei leichten Verletzungen der Beschichtung durch das Hineindrücken einen sicheren Korrosionsschutz.


Ganz Wichtiges noch, wenn man endlich am Zeitpunkt des Entlüftens angekommen ist:
Erstmal ist natürlich die Entlüftungsreihenfolge einzuhalten. Meist ist das am weitesten vom Hauptbremszylinder entfernte Rad als Erstes dran, beim Linkslenker also hinten rechts. Dann geht es mit der jeweils nächstgeringeren Entfernung weiter.
Keine Regel ohne Ausnahmen: Bei einigen älteren Volvo der Baureihen P1800 bis frühe 240er mit Zweikreisbremse geht es nach einer speziellen Entlüftungsreihenfolge (im Bild zu sehen aus einem Volvo-Reparaturhandbuch). Hier liegt das in der Konstruktion des Leitungsverteilers mit Differenzdruckwarner (SKANDIX 1037068). So etwas fahrzeugspezifisches ist immer zu beachten, bei neueren Fahrzeugen muss teilweise der ABS-Block seperat entlüftet werden.
Also immer die Herstellervorschriften berücksichtigen.
Nach dem Entlüften ist jede neue Verschraubung auf Dichtigkeit zu prüfen, das passiert am Besten zu Zweit. Einer steigt mit grosser Kraft auf die Bremse und hält sie getreten, der Andere prüft die Verbindungen unter dem Auto. Ohne genaue Prüfung  und vorsichtige Probefahrt sollte ein Fahrzeug nach so einer Reparatur nicht wieder auf die Strasse!

  • Diese Hinweise dienen nur zur Orientierung und ersetzen nicht die Einbaurichtlinien der Fahrzeughersteller! Alle Angaben ohne Gewähr!

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