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Saab 9-5 Kombi 1999 Probefahrt

04.07.2016

Restauration - Saab 9-5 Sportkombi


Es ist an der Zeit, über das SaabBlog.net Projektauto zu sprechen. Ein Auto, „Made in Trollhättan“, dessen Restauration wir für 12 Monate unterstützen und begleiten werden. Der SaabBlog.net berichtet hier über Paul! Paul ist ein Saab 9-5 Sportkombi aus dem Jahr 1999. Verfolgen Sie virtuell, wie ein Fahrzeug nach langer Standzeit zurück ins Leben geholt wird.

Rund um das Auto ist Vieles auch Kopfkino. Hochbezahlte Marketing-Menschen haben Begriffe wie „Premium“ oder „Anmutung“ erfunden, um das Kino in Gang zu setzen. Steigen wir in das Fahrzeug eines Premium-Anbieters, dann haben wir die erwünschte Erwartungshaltung. Starten wir einen Wagen, der vor Monaten noch zum Schrottpreis auf dem Händlerhof stand, dann… ja, ich denke meine Leser und ich, wir verstehen uns.

Die Erwartungshaltung zur ersten Probefahrt mit unserem Projektsaab war entsprechend niedrig. Auf Null, um es genau zu sagen. Um so mehr überraschte mich das Kopfkino. Saab startet, Saab fährt. Er lenkt, er bremst, wie Autos das gewöhnlich tun. Nach wenigen Kilometern meldet sich das Kino. Fährt wie ein Neuwagen, sagt es. Ist aber keiner, erwidern die Augen. Ist es aber doch, sagt das Kopfkino. Hmm. Würde man die Augen schließen, übrigens keine gute Idee, wenn man am Steuer sitzt, dann könnte man wirklich auf die Idee mit dem Neuwagen kommen.

Bremst, lenkt, federt wie neu. Ist ja auch alles neu! Neue Bremsen, neues Fahrwerk, neue Federn. Dann noch 18″ Bereifung in der Dimension 225/40. Okay Leute! Wer seinen Saab 9-5 der ersten Serie als gemütliches, etwas indifferent zu fahrendes Seniorentransportmittel kennt, der sollte spätestens jetzt das Fahrwerk und alle seine Buchsen überarbeiten lassen. Der 9-5 war ab Werk gut definiert, mit den größeren Reifen rollt er wie ein modernes Auto über die Piste. 1999 waren 16″ extravagant, heute sprechen wir über viel, viel mehr. Die 18″ Inka sind für den Saab das Maximum und harmonieren mit dem 9-5 Kombi nicht nur optisch. Der Kombi fährt erwachsen durchs Leben, ohne zu straff oder in irgendeiner Art unharmonisch zu wirken.

Und auch sonst überrascht der 9-5 auf seiner ersten Ausfahrt durch den Spessart. Die ersten Kilometer fehlt es an Drehfreude; bei fiesen, langen Steigungen im Mittelgebirge tut er sich schwer. 150 Softturbo PS machen aus dem Kombi keinen Sportler. Aber mit jedem gefahrenen Kilometer dreht der Motor freier; hält man die Drehzahl oberhalb von 2.000 Touren, dann geht es zügig voran.

Der 9-5 Kombi rollte 1999 vom Band, das genaue Datum werden wir im Saab COC Archiv noch ermitteln. Er könnte ein ganz früher Kombi sein und wartet doch mit Qualitäten auf. Die Karosserie ist immer noch solide, die Verarbeitung gut, und nicht alle Produkte des Mitbewerbs sind nach reichlich 17 Jahren noch so vertrauenerweckend unterwegs.

Die Außentemperatur liegt bei 25 Grad, der Innenraum wird von der Klimaautomatik auf angenehme 22 Grad temperiert. Das tut sie unauffällig, zugfrei, ohne Eingriff durch den Fahrer. Das Radio hat guten Empfang, selbst in den Regionen des Spessarts, wo moderne und teure Anlagen Probleme haben. Mit den Optionen für Kassette und CD ist die Einheit ein moderner Anachronismus, passt aber gut zu einem Auto, das fast 2 Jahrzehnte unterwegs war. Das SID hat seine Pixelkrankheit, irgendwann muss ein neues rein. Aber sonst?

Alles unaufgeregt, alles entspannt. Saab 9-5 fahren ist wie der Ausflug mit einem guten, alten Bekannten, den man Jahre nicht gesehen hat. Das 5-Gang Getriebe ist ausreichend präzise, manchmal etwas knochig und hakelig, aber halt ein echtes Saab Getriebe – wie der Motor mit seiner Trionic, der als 2 Liter zu der sehr kultivierten Maschine gehört.

Die Technik funktioniert, in Kiel hat man die Hausaufgaben erledigt. Der Innenraum braucht Pflege, das Leder Farbe, der Teppichboden Reinigung. Die Dichtungen benötigen Zuwendung, an Fahrertüre und Heckklappe hilft nur ein Tausch. Kleinigkeiten, die ich nach und nach abarbeiten werde. Hat sich die Investition bis hierher gelohnt? Über Kosten und über das, was alles erledigt wurde, reden wir in den nächsten Tagen. Sie sind ein spezielles Kapitel, das einen genauen Blick erfordert.

Gewonnen hat der Saab jetzt schon in einer anderen Disziplin. Auf der Spessart-Tour fällt er auf. Passanten verdrehen die Köpfe, Cabrio Fahrer schauen, was das fährt. Ja, der 9-5 Kombi aus erster Serie ist rar geworden. Und wenn einer unterwegs ist, dann oft als Verbrauchsauto. Ungepflegt, matter Lack. Im glänzenden Schwarz und mit 18″ Inka Felgen sieht man ihn sonst nicht. 100 Punkte für unseren Veteranen zum Kilopreis! Die Geschichte geht weiter. Seit Paul bei uns steht, kommt Besuch…von Saab Freunden, die Paul gut finden. Und von Menschen, die absolut nichts mit Saab zu tun haben und rein zufällig bei uns zu Gast sind. Spätestens dann wenn sie fragen, ob sie sich mal in den schwarzen Saab setzen dürfen, spätestens dann wissen wir, daß wir mit dem Projektsaab gewonnen haben.