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Reise-Blog: Auf der Küstenstraße RV 17 nordwärts

08.10.2014
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Skandinavien-Tour Sommer 2014


Der Reise-Journalist Reinhard Pantke berichtet von seiner aktuellen Tour mit dem Fahrrad durch das Baltikum, Schweden und Norwegen bis nach Nordfinnland. Begleiten Sie ihn virtuell auf seiner Reise bis zum Nordkap und erfahren Sie interessante Details über Land und Leute!

Die Küstenstraße RV 17

Norwegen bedeutet eigentlich nichts anderes als „Weg nach Norden“ und dieser Weg ist vom südlichsten Punkt Norwegens bis hinauf zum Nordkap über 2.500 km lang, eine Entfernung, die grob der Strecke von Flensburg nach Istanbul entsprechen würde!

Eine gute Alternative zu der im Sommer stark befahrenen E 6, die von vielen Wohnmobilisten als Rennstrecke zum Nordkap genutzt wird, ist der „Kystriksveien“. Die auch als „RV 17“ bekannte Küstenstraße beginnt nördlich von Trondheim in Steinkjer und führt über 680 km über den Polarkreis hinaus in die Küstenstadt Bodø.

Wer die abwechslungsreiche Strecke nicht per Fahrrad, sondern per Auto entdecken will, sollte erheblich mehr Zeit einplanen, da die Strecke von mindestens sechs Fährpassagen unterbrochen wird, die bis zu 60 Minuten dauern. Für Radfahrer wie mich sind die Fähren nicht nur willkommene Pausen, sondern sorgen auch dafür, dass auf vielen Passagen bis zur Ankunft der nächsten Fähre oft nur wenige Autos überholen.

Immer weiter nordwärts

Es ist Juli geworden, der norwegische Jahrhundert-Sommer läuft auf vollen Touren, bei Temperaturen von 25 Grad komme ich gewaltig ins Schwitzen und obwohl ich noch südlich des Polarkreises bin, wird es nicht wirklich dunkel. Ich mache die Nacht freiwillig zum Tag und genieße in einigen Nachtetappen die Ruhe der in mildes Dämmerlicht getauchten Landschaften.

Der südliche Teil dieser Touristenstrecke führt durch abwechslungsreiches Waldland zur Küste. In der Nähe von Brønnøysund lockt ein Abstecher zum Torghatten. Diese gigantische 90 m Meter hohe Höhle, mitten im Berg, erreiche ich nach einer kurzen Wanderung und lasse den Blick von oben über einen wilden Flickenteppich von unzähligen Schären und Inseln schweifen, die sich entlang der Küste ausbreiten. Wer die Küste mal von oben aus dem Flugzeug gesehen hat, wird bescheinigen, dass diese Küste an schönen Sommertagen karibisch aussieht. Wie mild das Klima hier in Polarkreisnähe noch ist, kann man bei einem Besuch von „Hildurs Urterarium“ (Hildurs Kräutergarten) entdecken, in dem Vieles wächst, was man nur viel weiter im Süden vermuten würde.

Abstecher in die Inselwelt

In einem Abstecher düse ich per Schnellboot zur Insel Træna, die knapp südlich des Polarkreises liegt und heute von knapp 500 Menschen bewohnt wird, die natürlich überwiegend vom Fischfang leben. Das aus mehreren Inseln bestehende Inselreich ist winzig, schon nach knapp 4 Kilometern bin ich am Ende der Hauptinsel angekommen. Jedes Jahr vervielfacht sich die Bevölkerung, wenn hier eines der ungewöhnlichsten Musikfestivals abgehalten wird (siehe Link unten)! Auf der Nachbarinsel Lovund, die von einem gigantischen, über 600 m hohen Berg geprägt wird, kann man in den Sommermonaten farbenprächtige Papageitaucher sehen, die dort an den grasigen Etagen des Berges nisten. Die ca. 30.000 Vögel kommen Jahr für Jahr fast geschlossen an einem bestimmten Tag im Frühling vom Meer zurück zu ihren Brutplätzen an Land. Die Chancen sind sehr groß, auch viele Seeadler zu bewundern für die die Papageientaucher ein Festschmaus sind.

Durch den Untergrund und in eisige Welten

Wenig später geht es - zurück an der Küstenstraße - zu einem alten Küstenfort, das tief in die Felsen gesprengt, vom Wahn der Nazis zeugt, selbst die entlegensten Gegenden Europas zu unterjochen. Die nächste Fähre bringt mich über den Polarkreis hinaus in einen bergigen Teil der Küstenstraße, wo ich immer wieder in den „Untergrund“ muss, um durch kilometerlange Tunnel zu radeln. Ich bin froh, dass der Verkehr eher gering ist und die Tunnel gut beleuchtet sind.

Direkt neben der RV 17 liegt der Svartisengletscher, der zweitgrößte Gletscher Norwegens, der heute noch fast bis auf Meereshöhe herunter kalbt. Nach wenigen Kilometern und einer kurzen Bootsfahrt erreiche ich den Gletschersee über dem das Eis in den verschiedensten Blautönen leuchtet.

Der stärkste Gezeitenstrom der Welt

Kurz vor dem Ende dieser wunderbaren Strecke bewundere ich den Saltstraumen, den stärksten Gezeitenstrom der Welt. Über 400 Millionen Kubikmeter Meerwasser zwängen sich dort alle vier Stunden durch eine schmale Öffnung in den Fjord oder in Richtung Meer. Riesige Strudel wirbeln mit fast 40 km/h unter der Brücke. Am Ufer stehend hat man zeitweise das Gefühl, an einem tosenden Wildwasserfluss zu sein. Nur Lebensmüde würden sich dort mit PS-schwachen Booten hinein wagen; ein paar Fischer und die Möwen hoffen etwas von den Fischen zu erwischen, die dabei massenhaft nach oben gedrückt werden. Wer das Spektakel sehen will, erkundigt sich am besten nach dem Gezeitenplan: Die Strudel und Wirbel sind jeweils 1,5 bis 2,5 Stunden vor und nach dem Höchststand von Ebbe oder Flut zu sehen.

Natürlich sind diese kurzen Ausführungen nur einige Appetizer, auf der RV 17 ist für jeden Geschmack viel mehr zu entdecken!

Bald danach geht es von Bodø, der Hauptstadt des Nordlandes, auf die Lofoteninseln. Aber das ist eine andere Geschichte, die Sie in den nächsten beiden Beiträgen nachlesen können.

Text und Fotos © Reinhard Pantke