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Paul. Die Leistungssteigerung und der Nervenkitzel

13.11.2017
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Restauration - Saab 9-5 Sportkombi


Es ist an der Zeit, über das SaabBlog.net Projektauto zu sprechen. Ein Auto, „Made in Trollhättan“, dessen Restauration wir für 12 Monate unterstützen und begleiten werden. Der SaabBlog.net berichtet hier über Paul! Paul ist ein Saab 9-5 Sportkombi aus dem Jahr 1999. Verfolgen Sie virtuell, wie ein Fahrzeug nach langer Standzeit zurück ins Leben geholt wird.

Wenn man von einem 9-3 II in einen 9-5 umsteigt, ist es der Aufstieg in eine andere Fahrzeugklasse. Es ist September, die Ausfahrt der Saab Freunde Sachsen ist gerade zu Ende gegangen. Ich hatte den 9-3 II mit nach Sachsen gebracht, nachdem er in Frankfurt das LED Tagfahrlicht erhalten hatte.

VW Schulungszentrum. Aber wen interessiert schon VW, wenn man einen Saab fahren darf?
Während der Ausfahrt war ich, mehr oder minder begeistert, mit dem 9-3 II unterwegs, denn er hat einen Diesel unter der Motorhaube. Und Diesel war noch nie mein Ding. Jetzt aber, endlich, der Umstieg. Walnussholz, dunkles Leder, herrlich! Der 9-5 strahlt Seriosität aus. Auch im schon etwas höherem Alter. Willkommen zu Hause…

Paul hat Nervenkitzel für mich. Wie immer…

Die Fahrt geht in Richtung Frankfurt/Main, zuerst über kleine Landsträßchen. Dann über die Autobahn. Etliche 100 Kilometer liegen vor mir, und nach einem Diesel-Tag freue ich mich auf jeden davon. Aber Paul wäre nicht Paul, wenn er nicht etwas Nervenkitzel bereithalten würde.

Schon auf der Fahrt zur Autobahn merke ich: Da stimmt etwas nicht. Der 9-5 läuft nicht so sanft und kultiviert wie gewohnt, mehr etwas unrund, unharmonisch. Auf der Autobahn beginnt Paul zu ruckeln. Nicht dramatisch, aber spürbar. Ich schaue auf das Navi, sehe die Kilometer, die vor mir liegen…die Sorgenfalten auf der Stirn vertiefen sich. Im Geiste gehe ich durch, was alles erneuert wurde. Oder, die kürzere Liste, was nicht ersetzt wurde. Da bleibt, als einzigster Posten, die Zündkassette. Sie wird doch nicht…?

Die Kilometer vergehen, der Saab ist eigentlich ein tolles Reiseauto. Sehr seriös und satt liegt er auf der Strasse. Die 19″ Bereifung verstärkt den Eindruck noch. Die Klimatisierung ist perfekt, die Sitze super bequem. Als die Dunkelheit einbricht, machen die H4 H7 Lampen ein gutes Licht, die grüne Cockpitbeleuchtung ist sehr angenehm.

Wäre da nicht dieses leichte, unterschwellige Ruckeln, alles wäre gut. Werden wir stranden? Irgendwo in tiefsten Sachsen oder Thüringen. Ich bin im Laufe des Lebens erst einmal mit einem Auto liegen geblieben. Das ist viele Jahre her – damals mit meinem 1972er MGB. Was nicht am englischen Roadster, sondern an meiner Unerfahrenheit lag. Und es eine andere Geschichte aus einer Zeit ist, als es noch keine Mobiltelefone gab.

Doch die Kilometer vergehen, Paul ruckelt weiter in Richtung Bayern, und Bamberg liegt schon fast in Reichweite. Der Optimist in mir gewinnt Oberhand, ein Nothalt bei Ralf Muckelbauer wird verworfen, über Schweinfurt und Würzburg geht es weiter. Am Ende kommen Paul und ich gut zu Hause an. Mittlerweile entspannt, aber auch etwas ratlos.

Die Ratlosigkeit nimmt zu, weil der gute alte Saab mit dem Ende der Fahrt auch das Ruckeln sein lässt. Die restlichen Wochen der Saison läuft er ohne Probleme, erweist sich auch als Lademeister, in den man zwei antike Ledersessel verstauen kann. Ein Kombi mit hohem Nutzwert, der mehr Ladevolumen als ein 9-3 II hat. Er fährt, als wäre nichts gewesen. Ruckelfrei, klapperfrei, bequem. Toll im Handling, wie ein modernes Auto. Aber gut, auch das Fahrwerk ist fast komplett neu.

Hirsch Leistungssteigerung für unseren Saab?

Nur das Temperament, das lässt zu wünschen übrig. Der 9-5 Kombi ist schwer, und im direkten Vergleich zu einem Saab 9000 mit gleicher Motorisierung recht behäbig. Aber Saab wollte das damals so. Weg vom Leichtbau, weg von der Avantgarde eines Saab 9000, den GM gehasst haben muss. Dafür ist der 9-5 eben absolut seriös, ein wenig Mercedes im positiven Sinn. Das schlägt sich auf den Verbrauch nieder. Um die 10 Liter sind es im Schnitt, viel weniger werden es nicht.

Ein Freund hat seinem 9-5 neulich eine Hirsch Leistungssteigerung gegönnt. Die Limousine ist kaum wiederzuerkennen, sie ist agil und so typisch Turbo-Saab-Unvernunft geworden. Paul würde das auch gut bekommen.

Nur: Für Pauls Modelljahr liefert Hirsch nicht mehr. Vielleicht, falls wir für 2018 wieder ein Budget zusammen bekommen, würde man sich in Ruckstuhl überreden lassen und dem guten Kombi eine Leistungskur gönnen? Ich werde es zumindest versuchen.

Auch wenn Mark und ich 2017 mit dem Projektsaab nur einen Bruchteil von dem realisieren konnten, was wir vorhatten, so steht fest, dass aus dem alten Kombi dank vieler Helfer ein attraktives Auto geworden ist. Mit einigen kleinen Mängeln. Wie dem SID, das nur bei kühlen Temperaturen keine Pixel-Fehler zeigt. Oder dem Schaltknauf, der nicht mehr wirklich schön ist.

Der Saab verbringt die nächsten Monate im Hangar. Zum ersten Mal seit vielen Jahren darf er im Trockenen überwintern. Er hat es sich verdient. Ich habe Zeit, um noch einige Kleinigkeiten zu erledigen. Und 2018 suchen wir einen neuen Besitzer für ihn und spenden den Erlös einem guten Zweck.